Genug…

Denk mal nach: Hast du schon genug?

Drei Männer unterhalten sich auf der Straße auf dem Jerusalemer Markt.
– Habt ihr schon von diesem Mann gehört, der seinen ganzen Besitz verkauft hat, um ein einziges Ackerstück zu kaufen?
– Wirklich? Warum das denn?
– Na ja, angeblich hat er dort zuvor einen verborgenen Schatz entdeckt. Den hat er natürlich wieder vergraben und schnell den gesucht, dem das Ackerstück gehörte.
– Und dann?
– Scheinbar sind sie sich einig über den Preis geworden, und dieser Mann konnte den Acker kaufen. Allerdings musste er alles verkaufen, was er hatte, um das Geld zusammenzubekommen.
– Alles?
– Ja, alles!
– Was war das denn für ein Schatz, den er gefunden hat? War er es wert?
– Nun, man hört unterschiedliches. Manche sagen, der Schatz war von unschätzbarem Wert, manche schütteln den Kopf und können es überhaupt nicht verstehen, dass man dafür alles gibt, was man hat. Der Mann konnte jedenfalls seine Freude nicht verbergen. Ich weiß nicht genau, was er gefunden hat, aber scheinbar war das etwas Außergewöhnliches, wie …nicht von dieser Welt…
– Hm, so was Ähnliches habe ich auch neulich gehört. Ein Kaufmann, der kostbare Perlen sammelte, fand die Perle seines Lebens! Dafür verkaufte er auch alles, was er hatte, auch all die anderen teuren Perlen, die er in den ganzen Jahren gesammelt hatte, um nur diese eine Perle zu kaufen. Aber was macht das überhaupt für einen Sinn?
„Die waren wenigstens mutig“, dachte der dritte Mann, der die ganze Zeit schweigend zuhörte. „Sie haben das getan, was ich nicht konnte!“ Seine Gedanken schweiften zurück, an den Tag, an dem er Jesus von Nazareth aufsuchte. Der Lehrer predigte vom Reich Gottes und von einem Leben, nach diesem Leben, das niemals endet. Dieses ewige Leben wollte der Mann auch gerne haben. Nicht weil er hier kein schönes Leben hatte. Im Gegenteil, Gott hat ihn mit vielen Gütern gesegnet. Er war noch jung und hatte schon mehr als er brauchte. Dafür war er sehr dankbar und war immer bemüht, Gottes Gebote zu halten, Gutes zu tun, anderen zu helfen, und niemanden ungerecht zu behandeln. Er führte ein gottesfürchtiges Leben, aber war das auch genug, um ewiges Leben zu haben? Das wusste er nicht, so fragte er Jesus. „Was soll ich tun, um ewiges Leben zu haben?“ „Halte die Gebote“, war die Antwort. Das hat er ja schon immer getan, aber war das wirklich genug? So hackte er nach: „Fehlt mir vielleicht doch noch etwas?“

Was Jesus dann antwortete, war nicht nur für diesen Mann schwer zu schlucken, sondern erfordert tiefes Nachdenken und ehrliche Selbstprüfung bei jedem, der nach Gottes Reich und nach dem ewigen Leben strebt. „Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib’s den Armen. So wirst du einen Schatz im Himmel haben. Und komm und folge mir nach!“ Das konnte dieser Mann nicht. Das war zu viel. Könnte ich das?

In dieser fiktiven Begebenheit bringe ich die Bibelstellen vom Schatz im Acker, von der kostbaren Perle und vom reichen Jüngling aus Matthäus Kapitel 13 und 19 zusammen. Das tue ich, weil ich einen Zusammenhang erkenne. Die ersten zwei Geschichten zeigen zwei Menschen, für die das Reich Gottes und das ewige Leben, das Allerwichtigste war. Wichtiger als die wertvollen Dinge in ihrem Leben, die sie schließlich freiwillig aufgaben. Die dritte Geschichte ist hingegen ein trauriges Beispiel, wenn andere Dinge in diesem Leben so wichtig werden, dass sie einen Menschen letztlich daran hindern, den Platz zu bekommen, den Gott ihm in seinem ewigen Reich zugedacht hat. Schnell wird mir hier klar, dass ich mich irgendwo dazwischen bewege. Mein Wunsch ist es, wie auch bei diesem jungen Mann, der Jesus aufsuchte, ewiges Leben zu haben und für immer im Reich Gottes zu leben. Doch wie stark ist dieser Wunsch? Wie sehr prägt er, wie ich lebe, die Art, wie ich denke und bewerte, meine Prioritäten? Ist das ewige Leben in Gottes Reich für mich kostbarer, als andere Dinge in meinem Leben, und bin ich bereit, wenn nötig, sie aufzugeben? Das ist eine große Herausforderung, und etwas, wofür ich mich immer wieder bewusst entscheiden muss.

Was ich hier nicht übersehen darf, bei der Begegnung des jungen Mannes mit Jesus, werden zwei verschiedene Fragen beantwortet. Eine über „ewiges Leben haben zu wollen“ und eine über „vollkommen sein zu wollen“. Schon die Antwort auf die Frage, was ich tun soll, um ewiges Leben zu haben, finde ich nicht leicht. „Halte die Gebote!“, sagte Jesus dem jungen Mann. Mit anderen Worten, tu Gottes Willen, lebe in allem so, wie es ihm gefällt. Das schaffe ich so nicht, obwohl ich mich bemühe, nach Gottes Richtlinien zu leben.  Wie gut es sich anfühlt, zu wissen, dass das jemand anders für mich geschafft hat. Jesus Christus, Gottes Sohn. Er hat die Tür zum Himmelreich geöffnet, und hält sie auf, für jeden, der ihm nachfolgt, bis auch der letzte durch ist. Ich kann das ewige Leben mit meiner eigenen Leistung nicht verdienen. Das ist ein Geschenk, das Gott denen schenkt, die seine Vergebung annehmen und Jesus als Herrn in ihrem Leben setzten.

Damit ist die Frage nach dem ewigen Leben beantwortet. Aber da ist ja noch die Sache mit dem vollkommen sein zu wollen. Wieso bringt Jesus das auf? Und vor allem warum nach der Frage nach dem ewigen Leben?
Jesus lenkt die Aufmerksamkeit von dem Wunsch, ewiges Leben haben wollen, auf das Warum, ewiges Leben haben wollen. Er spricht die Beweggründe an. Denn nur wenn diese stimmen, ist das möglich, was der Mann mit dem Acker und der Mann mit der Perle getan haben. Das Wertvolle für das Wertvollste abzugeben. Mir scheint, als ob Jesus hier auch mich nach meinen Beweggründen fragt. Komme ich zu ihm, nur damit er mir ewiges Leben gibt, und es mir nach meinem Tod gut oder besser geht? Oder ist es die Liebe zu ihm, die in mir den Wunsch weckt, ewig mit Jesus zu sein und Gemeinschaft mit ihm zu haben? Erst wenn die Liebe zu Gott stärker als jede andere Liebe ist, kann ich mich, wenn nötig, auch von dem trennen, was mir am liebsten ist, um Jesus zu folgen. Weil er mir wichtiger als alles andere und jeder andere im Leben ist. Weil er mir genug ist. Der junge Mann in der Geschichte konnte es nicht. Jesus war ihm nicht genug. Kann ich sagen: „Du Herr bist genug!“? Wenn meine Wünsche unerfüllt bleiben, wenn meine Träume zerplatzen? Wenn meine Sorgen harte Realität werden? Wenn Menschen mich enttäuschen, und die mir nahestehen, mich verletzen? Ist Gott genug, egal wie es in meinem Leben läuft? Ist Gott genug, selbst wenn ich alles abgeben muss, und ich nichts anders mehr habe, als nur ihn?
Nur echter Glaube kann solche Liebe für Gott in einem Menschen bewirken. Und diesen echten Glauben wird Gott mit dem ewigen Leben belohnen. Das ist die Art von Glauben und Liebe, die einen Menschen in Gottes Augen vollkommen macht. Nicht frei von Fehlern zu sein, sondern Gott über alles zu lieben und ihn über alles zu setzten.

Die Frage, des jungen Mannes und vieler anderer nach dem ewigen Leben, hat Jesus mit seinem Tod und seiner Auferstehung schon längst beantwortet. Doch die Frage „Willst du vollkommen sein? Ist Gott für dich der Wichtigste jetzt und hier und in Ewigkeit? Ist er genug?“, die muss jeder für sich selbst beantworten. Für mich ist das die Frage, die mein Herz mein Leben lang bewegen wird.

Wer sich an sein Leben klammert, der wird es verlieren.
Wer aber sein Leben für mich aufgibt, der wird es für immer gewinnen.
(Jesus in Matthäus Ev. 10,37)

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